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Sonntag, 17. Januar 2016

Köln ist überall

Sexuelle Gewalt ist Alltag in Deutschland

"Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist ein Riesenproblem in Deutschland - und zwar quer durch alle Schichten und Nationalitäten. 60 Prozent der deutschen Frauen haben schon sexuelle Belästigung erlebt. Übergriffe wie jetzt in Köln muten - so zynisch es auch klingt - fast harmlos an..." Schreibt heute Sebastian Pfeffer in der "Bild am Sonntag" (BamS). Von 1000 Vergewaltigungen werden, heißt es weiter in der BamS, 10 Prozent angezeigt, 7,7 Prozent der angezeigten Täter werden verurteilt, drei Prozent der Beschuldigungen sind falsch.

Dass Frauen nach einer Vergewaltigung schweigen, ist also die Regel. Dass Frauen - wie nach der Silvesternacht in Köln - zur Polizei gehen, wenn sie sexuell belästigt werden, ist neu. Dafür dürfte es mehrere Gründe geben: Medien haben diese Übergriffe als "Schande" bezeichnet. So wurde den belästigten und vergewaltigten Frauen der Rücken gestärkt, sie mussten sich nicht mehr vor anzüglichen Fragen fürchten. Man glaubte ihnen und jeder Versuch, ihnen eine Mitschuld in die Schuhe zu schieben, wurde im Keim erstickt. Plötzlich waren sich alle einig: "So etwas macht man nicht."

Hat man früher aber zumeist ungestraft gemacht (siehe oben). Vergewaltigungen wurden sprachlich als "Vergewohltätigungen" verharmlost, Polizeibeamte und Richter behaupteten Signale der Frauen und konstruierten so eine Mitschuld der Opfer. Gefragt wurde nach der Kleidung, nach Alkoholkonsum und nach zweideutigen Einladungen. Ein Nein reichte nicht. 

Ein Nein ist auch zukünftig nicht ausreichend. Die Bundesregierung will das Sexualstrafrecht verschärfen, aber so weit soll der Schutz von Frauen vor sexuellen Übergriffen doch nicht gehen. Überraschungsangriffe sollen zwar verboten werden, aber wenn eine Frau nicht völlig wehrlos ist, ist sie weiterhin vor peinlichen Fragen auf dem Polizeirevier und vor Gericht nicht gefeit.

Noch schlimmer sieht es bei Kindern aus, die sexuell missbraucht werden. Ein minderjähriges Opfer muss bis zu acht Erwachsene informieren, bis es mit Gehör rechnen darf. Sexueller Missbrauch von Kindern ist schrecklicher Alltag in Deutschland - und nicht nur hier. Auch dagegen muten die Übergriffe in Köln fast harmlos an, würde Sebastian Pfeffer nun schreiben. 

Stimmt aber nicht. Zur Verharmlosung der Übergriffe in Köln besteht ebenso wenig Anlass wie zu alt bekannten Rufen nach mehr Polizei. Die gibt es immer, wenn Schreckliches passiert und sich das Schreckliche häuft, größere Sicherheit wird aber nur vorgegaukelt. Das ist verantwortungslos und Geschwätz, das wir jedem Politiker und jeder Politikerin sofort wieder untersagen sollten, damit sie es sich auf ihren Phrasen nicht bequem machen können. Zu Zeiten von Bundeskanzler Helmut Schmidt und den RAF-Morden ist der Politik auch nicht viel mehr eingefallen.

Innere Sicherheit gibt es nur, wenn sich alle an bestimmte Regeln halten. Von diesen Zeiten sind wir (noch) weit entfernt. Der Schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn - das hat sich, seit Friedrich Schiller "Die Glocke" schrieb, nicht verändert - und gilt auch für alle, die nun wieder nur eins wollen: ihr politisches Süppchen kochen, damit es auch den Wählerinnen und Wählern munde, deren Geschmacksnerven schon lange abgestumpft sind.

Kein Millimeter den Rechtsradikalen, den Rechtspopulisten und den Scharfmachern, hat vor kurzem noch so mancher Politiker getönt, der nun Zentimeter für Zentimeter diesen Kreisen entgegenkommt.

Wie lächerlich der Ruf nach mehr Polizei ist, kann auch an den bisherigen Ungereimtheiten in Köln klar gemacht werden: Erst hieß es, die Silvesternacht sei ruhig verlaufen, dann war angeblich klar, dass die Täter aus Nordafrika und arabischen Staaten kamen, dann sollten doch auch ein paar Flüchtlinge dabei gewesen sein, dann führte die Spur zur organisierten Kriminalität in Düsseldorf, dann waren die Übergriffe doch nicht organisiert, sondern eher ein Zufallsprodukt, dann wieder von Düsseldorf aus organisiert, Antanzen war neu, dann schon seit langem bekannt, dann kamen auch Deutsche und ein Amerikaner als Täter in Frage, dann wurden zumindest Iraker und Syrer als Täter ausgeschlossen, die seien kaum kriminell...Nach Qualität klingt das nicht.